Höheres Restwertangebot der Versicherung
Ist nach einem Verkehrsunfall lediglich der Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert - Restwert) durch die gegnerische KFZ-Haftpflichtversicherung zu erstatten, so ist in aller Regel davon auszugehen, dass die gegnerische KFZ-Haftpflichtversicherung über überregionale Internetportale bzw. Restwertbörsen Restwertangebote einholen wird.
Hintergrund: Je höher der Restwert ist, desto niedriger ist der Wiederbeschaffungsaufwand, welchen die gegnerische Versicherung zu regulieren hat. Die gegnerische Versicherung ist also darauf bedacht ein möglichst hohes Restwertangebot zu ermitteln. In aller Regel schafft es die Versicherung über überregionale Internetportale bzw. über überregionale Restwertbörsen deutlich höhere Restwertangebote zu ermitteln als der Gutachter, welcher lediglich Restwertangebote auf dem regionalen Markt einholen muss.
Kommt es zu einem Verkauf des Fahrzeugs und ist der Geschädigte im Zeitpunkt des Verkaufs noch im Besitz des Fahrzeugs, so ist das Vorgehen der Versicherung durchaus verständlich und das höhere Restwertangebot aus Sicht des Geschädigten auch nicht weiter schädlich. Den Geschädigten trifft eine Schadensminderungspflicht, sodass er durchaus gehalten ist das höhere Restwertangebot des Versicherers anzunehmen, jedenfalls sofern der von der gegnerischen KFZ-Haftpflichtversicherung ermittelte Kaufinteressent sich dazu bereit erklärt das Fahrzeug kostenlos abzuholen. Dem Geschädigten entsteht hierdurch kein Nachteil.
Problemstellung: Häufig ist es so, dass der Geschädigte nach einem Unfall das Fahrzeug überhaupt nicht verkaufen möchte, sondern dieses vielmehr behalten und weiternutzen will. Es stellt sich dann die Frage, ob der vom Gutachter auf dem regionalen Markt ermittelte Restwert maßgeblich ist mit der Folge, dass die gegnerische Versicherung einen höheren Wiederbeschaffungsaufwand zu zahlen hat, oder ob doch der von der Versicherung über Internetportale bzw. Restwertbörsen überregional ermittelte deutlich höhere Restwert maßgeblich, mit der Folge, dass der von der gegnerischen Versicherung zu regulierende Wiederbeschaffungsaufwand niedriger ist.
Rechtsprechung: Diese Frage hat der BGH eindeutig und geschädigtenfreundlich entschieden in seinem Urteil vom 06.03.2007 - VI ZR 120/06. Es wird aus dem Urteil wie folgt zitiert:
"Benutzt der Geschädigte im Totalschadensfall (hier: Reparaturkosten höher als 130% des Wiederbeschaffungswerts) sein unfallbeschädigtes, aber fahrtaugliches und verkehrssicheres Fahrzeug weiter, ist bei der Abrechnung nach den fiktiven Wiederbeschaffungskosten in der Regel der in einem Sachverständigengutachten für den regionalen Markt ermittelte Restwert in Abzug zu bringen."
Der BGH begründet dies damit, dass andernfalls der vollständige Schadenausgleich nicht gegeben sei, da es ansonsten der Versicherer in den Händen hätte den Fahrzeugverkauf durch ein entsprechend hohes Restwertangebot zu erzwingen.
Fazit: Der Versicherer hat nicht das Recht den Geschädigten auf ein günstigeres Restwertangebot aus einem Internetportal zu verweisen, wenn der Geschädigte das Fahrzeug behält. Maßgeblich ist dann vielmehr der vom Schadensgutachter auf dem regionalen Markt ermittelte Restwert.